Cage Birds

12. November 2016

Ein Interview mit dem Choreografen Arthur Kuggeleyn anlässlich der Show: Trinity des Yin Xing Dance Theatre

Himmelspiegel

Vom Glücksbringer, der auf die Bühne auszog.

-Cage Birds-

Ein Interview mit dem holländischen Regisseur und Choreografen

Arthur Kuggeleyn.

November 2016 anlässlich der Show

Jin Xing Dance Theatre: Trinity

Hamburg Kampnagel

Das Jin Xing Dance Theater war am 8. und 9. November 2016 erstmals mit der Show Trinity zu Gast in Deutschland. Trinity, eine dreiteilige Show, wird eröffnet mit einem Stück von Frau Jin Xing, der Künstlerischen Leiterin der Company und Choreografin, es folgt eine Arbeit des israelischen Choreografen Emanuel Gat und entwickelt seinen finalen Höhepunkt mit Cage Birds von Arthur Kuggeleyn als Choreograf.

Arthur Kuggeleyn erlebte ich in seiner frühen Schaffensphase als Regisseur in den End 80ern und Anfang 90ern mit dem R.A.M.M. Theater. Dieses Theater Ensemble war der spanischen Truppe “la Fura dels baus” art- und kunstverwant und hatte aber eine ganz eigene Note, eben die von Herrn Kuggeleyn. Die Wahl der Schauplätze, der Themen, extreme Darstellungen, die die Zuschauer häufig involvierten, bis strapazierten und sicherlich geprägt von Antonin Artaudschen Theaterphilosophien und einer Portion Punk, waren Inhalte und Showprogramm. Seine weitere Entwicklung als Regisseur und Choreograf, nach Berlin und Schloss Bröllin in Mecklenburg Vorpommern,  nahm einen spannenden Verlauf und so  bat ich ihn um ein Interview anlässlich der Deutschland Premiere von Cage Birds und meiner Ausbildung zur Journalistin. Per Facebook bereiteten wir es gemeinsam vor und ergänzten es “live” am zweiten Tag der Vorführung im verschneiten Hamburg.

Das Interview:

Arthur, ich habe dich als jemanden erlebt, der gesellschaftliche Themen in ausdrucksstarken  bewegten Bildern mit dem R.A.M.M. Theater in den 80ern und 90ern inszeniert hat. Eines deiner Stücke war dort “APIS”, eine Art Tanzstück, welches die Bewegungsqualität der Bienen aufgriff und auf die Menschen übertrug. Auch bei dem Theaterstück “Bestia Pigra” waren die Bewegungsqualitäten der Löwen zu beobachten und in der Choreografie die Schauspieler als domptierte Löwen zu sehen.

Ist Cage Birds für dich eine Art erweiterte Studie der Synchronizität des Vogelfluges übertragen auf das menschliche Dasein?

Das was du meinst heisst in der Fachsprache: Schwarmverhalten. Ja, das war zum Teil die Inspiration. Aber das Stück bezieht sich eigentlich auf die Vögel die im Käfig leben. Die sind in Asien weit verbreitet als Glücksbringer.

Ich habe das in erste Linie als ein Synonym gebraucht, am Anfang sind alle im Käfig, nachdem  das realisiert wird kämpfen sie sich raus und dann sind sie frei, aber wissen nicht was tun, weil sie nicht gelernt haben in „Freiheit“ zu leben.

Wie lange arbeitest du inzwischen als Choreograf in China?

In 2007 war ich mit zwei  Stücken von Jin Xing nach Beijing und Shanghai eingeladen.

Yin Xing und ihre Company hatten in 2006 „Kopflos“ von mir in der Schweiz gesehen und waren sehr begeistert von meinen Stil. Cage Birds habe ich dann in 2013 gemacht und es wird seitdem mit viel Erfolg weltweit aufgeführt. Jetzt planen wir für nächstes Jahr ein abendfüllendes Stück (70 Min.) für die ganze Company.

Was sind für dich die entscheidenden Unterschiede in der Arbeit dort im Vergleich zu deiner Arbeit in Europa?

Unabhängig von der schwierigen Kommunikation ist es hauptsächlich die andere Mentalität. Die chinesischen Tänzer haben es nicht gelernt zu improvisieren, dafür arbeiten sie sehr hart und studieren die Sachen bis zur Perfektion ein.

Wirkt sich diese auf deine künstlerische Inspiration aus?

Ja, ich werde sehr beeinflusst von dem Wo und mit Wem ich etwas mache: Ob ich im Kosovo, in der Schweiz oder in China arbeite überall sind unterschiedliche gesellschaftliche und moralische Barrieren zu überwinden und auch sind die verschiedenen landestypischen Schwerpunkte in den Themen sehr wichtig.

Der Titel “Cage Birds” wirkt auf mich in einem Land wie China wie eine gesellschaftliche Kritik?

Ja, ist es….wobei Kritik wieder ein westliche Leidenschaft ist. Ich versuche durch abstrakte emotionale Bilder und Bewegungen etwas im Herzen der Zuschauer zu aktivieren. Das nenne ich eigentlich eher eine Bewusstmachung als eine Kritik.

Wird deine Arbeit dort als Kritik empfunden oder empfinden die Europäer dies mehr als solche?

Das weiss ich nicht. Wichtig für mich ist das dieses Stück es schafft z.b. die Chinesen zu berühren. Und damit auch für etwas zu sensibilisieren was in unserer schnellen Konsumgesellschaft droht unterzugehen.

Bei den Bewegungsstudien zu Cage Birds hat dich was am meisten künstlerisch beeinflusst?

Eben Schwarmverhalten, Vogel im Käfig, Vogel auf Elektroleitungen.

Noch eine Frage zu der tranceartig wirkenden Musik: Wie entsteht diese, komponierst du sie selbst?

Ich arbeite immer mit einem Musiker zusammen. Dem erkläre ich erstmals meine Idee und vor allem welche Wirkung ich haben will. Er macht dann  Beat- und Sound-Vorschläge und so tasten wir uns dann langsam vor. Dann legen wir erstmals das Grundtempo fest und bestimmen die Grundstimmung. Der Rest entsteht.

Planst du weitere Stücke, in China ?

Ja.

Weitere  Infos zu Yin Xing + Company:

Das YIN XING Dance Theater ist die einzige private Tanzcompany in China, die zudem  den persönlichen Namen der Eigentümerin tragen darf. Jin Xing zählt als TV Show Moderatorin zu einer der aktuell bekanntesten und beliebtesten Persönlichkeiten in China. Als Junge geboren ließ sie sich, mit 28 Jahren, in den Körper umwandeln, in dem sie sich besser zu Hause fühlte. Zudem war sie die erste Frau, die nach einer geschlechtsumwandelnden OP staatlich anerkannt als Frau gilt und das OP legal machen durfte. Vom besten “Militärtänzer” Chinas, wie es in einer Reportage heisst,  zur berühmtesten Ballerina finanziert sie nun, mit den Einnahmen Ihrer Fernsehshows, die Tanz Company. Yin Xing, deren Name übersetzt: “Gold Star” oder auch “Venus” bedeutet und für Männer wie Frauen verwendet wird, ist stark daran interessiert und bestrebt den Tanz in China zu modernisieren. Neben der Company in Shanghai plant sie weitere moderne Ableger im Land und arbeitet dort mit internationelen Choreografen zusammen.

Einen ganz herzlichen Dank an Arthur Kuggeleyn und Heinz Gerd Oidtmann, dem Ehemann von Jin Xing für die Infos und Gespräche, sowie an Birgit Diermann, die mich so Klasse an dem Abend begleitet hat und mein nächstes Projekt ist  auch schon in Planung: Ein Bericht über die Meierei Horst bei Hamburg…

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