Ich möcht so gern ein Eisbär sein…
Damals, der erste Besuch war noch mit unserer zu Weihnachten angereisten Oma. Wir hatten es als sehr voll und sehr kalt in Erinnerung, aber es war ganz neu und ein echtes Highlight.
Schon von Weitem ist es zu sehen, die Laser suchen den dunkeln Himmel ab und ein glitzerendes Lichtermeer funkelt am Ende der Straße. Wir sind mit der U-Bahn hingefahren. Es soll ja keine Parkplätze geben und der Bus erschien uns zu voll. Vorbei geht es an den Villen und Botschaften, hier blinken nur die Überwachungskameras und auch sonst sind die Vorgärten bis auf einen nicht überladen mit dem weihnachtlichen Blinke-Blinke Schmuck.
Corona steht hoch am Statistikhimmel, meine Fernreisen sind abgeblasen, also Zeit, ein zweites Mal den Botanischen Garten Berlin zu besonderem Anlass zu besuchen: Das Illuminationsevent Christmas Garden hat seit Ende November geöffnet und ist noch bis Anfang Januar zu bestaunen.
Damals, der erste Besuch war noch mit unserer zu Weihnachten angereisten Oma. Wir hatten es als sehr voll und sehr kalt in Erinnerung, aber es war ganz neu und ein echtes Highlight. Die Oma kommt wegen Corona nicht nach Berlin, aber wir haben uns entschlossen, entgegen aller Energiesparüberlegungen, uns dem Zauber wieder hinzugeben und machten einen mamaundgroßetochterausflug in den Süden Berlins. 14 Stationen bis zur Podbielskiallee, raus aus dem beschaulichen Süd-Ost Kiez SO 36.
Lustigerweise schneidet Berlin im bundesdeutschen Vergleich ziemlich gut und weit hinten im Mehrverbrauch an Weihnachtlicherlichtenergie ab. Die Hinwendung zu städtischen Illuminationdesign gibt es hingegen schon läger, Festival of Lights ist integraler Eventbaustein in Berlin. Also liebt es der und die Berlinerin nicht so sehr mit dem übermäßigen Dekoschnurzpopanz in und um seine/ihre Straßen und Gassen, aber offensichtlich als Event, als Party halt, mit 2 G.
Auch wir zählen in diese Kategorie, es erinnert doch so ein bisschen an die vielen nicht stattgefunden Festivals, also folgen wir dem Lichterglanz und checken ein.
Am Eingang bekommen wir mit, dass die Weihnachtsfeier von irgendeinem Krankenhaus dort gefeiert wird, ich denke nette Idee, die haben es sich auch echt verdient. Insgesamt ist es nicht so arg voll. Wir sind mit dem letzten Einlass und unter der Woche reingerutscht, für Genießer*innen sehr zu empfehlen. Die in hellen blaugrau illuminierte Begrüßungsallee mit den großen schlanken Bäumen im Sternenregen lässt den schnellen Stadtschrittt doch gleich etwas entschleunigen. Noch aus Sorge ob der Erinnerung ziemlicher Warteschlangen an den kleinen Weihnachtsbuden mit Futter und Getränk, entscheiden wir uns zunächst erst mal zwei Glühwein zu genießen und die Lage zu sondieren. Alles sehr entspannt, nicht überfüllt, ein vorbeilaufendes älteres Pärchen erhält von uns den ersten Preis in Sachen Outfit. Er, eine blinkende Pudelmütze auf dem Kopf, sie ein Lichterketten-Dekolletee über dem dicken Anorak, so sind sie vergnüglich weithin zu sehen. Ein paar Kinder rennen herum, Grüppchen von Teenagern, ein paar Verliebte, ein Damengrüppchen und jede Menge Fotograf*innen. Es richt nach Feuerholz und Rauch aus den aufgestellten Feuerschalen und nach Glühwein, es glitzert, alles wird gut?
Bevor wir los wandern, entscheiden wir uns, den Pfand für die Glühweintassen wiederzubekommen. Die Tassen sind uns etwas zu klein für den häuslichen Kaffeegebrauch und nach dem Umtausch in Taler geht es immer dem gut ausgeschilderten Rundgang mit Maske und zum Glück ordentlich warmen Sachen lang.
Zeitreise: ein Spaziergang in der Nacht. Ich war vielleicht fünf oder sechs Jahre alt und mit unserer besonders netten Nachbarin vor Weihnachten noch etwas zur Post bringen. Es schneite und auf dem Weg durch das Gestöber, da entdeckten wir diesen elektrisch beleuchteten Tannenbaum an einem Altenheim. Das Licht, das Schneetreiben, das Gefühl von Kälte und schmelzenden Schneeflocken auf der Haut sind selbst nach fünfzig Jahren sofort abrufbar.
Für den Christmas Garden braucht es schon etwas Faible für Weihnachtsromantik. Da werden die Wege mit verschiedensten, meist englischsprachigen Weihnachtsliedern beschallt. Klassikern, die doch eine jede und jeder meist kennt und mitsingen oder summen kann. Die Lautstärke ist angemessen und manchmal sind es auch nur einfach Klänge oder das kalte Windrauschen, wie wenn eine/r an die Polargrenze stößt. (Vielleicht war es, aber auch das Rauschen der Nebelmaschine?) Natürlich ist da auch viel fürs Familienalbum vorbereitet, lebensgroße Weihnachtsmännerfiguren und andere nette Kulissen, die zum Ablichten einladen finden sich neben den großflächig angelegten Landschaftilluminationen. Desto später der Abend desto mehr Instagram ist unterwegs. Der Botanische Garten ist recht groß, so verläuft es sich ein bisschen und manche Ecken konnten wir ganz allein genießen. Immer wieder neue Bilckwinkel zu entdecken ist wirklich aufregend. Wir hätten uns auch am Anfang nicht so sorgen müssen, inzwischen finden sich unterwegs neben malerischen Sternenwiesen weitere kleine Essensbüdchen und Toilettchen. Gespannt waren wir auf die Teichillumination am chinesischen Tee-Pavillion. Mit der Oma im Schlepptau waren dort kleine, bunt beleuchtete Origami Faltboote am schwimmen, einfach nur zauberhaft. Heute gibt es da etwas anderes, auch sehr beeindruckendes, aber Spoilern, nein, das gibt es hier jetzt nicht. Alles in allem war es ein schöner Abendspaziergang mit immer wieder “Ohs” und “Ahs” und auch manchen Lachern und vielen entspannten Menschen und vielen guten Wünschen vom Personal. Was es leider immer noch nicht gibt: das Biowürstchen und das vegane Bratwürstchen an den Büdchen. 2022 könnt das ja mal klappen. Und wegen dem Energieverbauch, eigentlich finde ich es so viel schöner, wie wenn alle ihren “personal Blinkebaum und Jesus” brauchen. So haben recht viele Menschen etwas davon und ich hoffe für die Enten, deren Schlafgemach dort bis 22h gestört wird, dass es nicht zu anstrengend für sie ist.
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